“Digitalisierung vorantreiben, das bedeutet vor allem auch Erfahrungen sammeln. Neues ausprobieren, Möglichkeiten erkunden und diese Erfahrungen zu teilen”, sagt Michael Gruber, Leiter Digitalisierung Infrastruktur bei den VBZ. Für diese Aufgabe ist ein kleines, aber schlagkräftiges Team zuständig, dass die Digitalisierung im Bereich Infrastruktur der VBZ vorantreibt mit verschiedenen Schwerpunkten.
Digitalisierung, BIM und GIS
Was tut dieses Team nun? Sie erfinden die Welt nicht täglich neu, greifen aber die Themen auf, die die Welt immer wieder neu bewegen. Die Wege der Digitalisierung sind nicht vorgezeichnet, aber wer genau hinschaut, kann so genannte Megatrends und auch kulturelle Muster darin erkennen. Nehmen wir doch einmal fünf dieser Megatrends, um die Arbeit des Bereichs Digitalisierung zu verdeutlichen: Individualisierung, Konnektivität, Mobilität, Urbanisierung und Nachhaltigkeit. Wir hatten eingangs schon das Beispiel des Smartphones. Individualisierung und Konnektivität braucht man an diesem Beispiel kaum noch zu erläutern. Wir erleben dies alltäglich. Durchschnittlich alle sechs Minuten schauen wir auf unser mobiles Telefon. Alle Infos sind jederzeit verfügbar und wir können sie jederzeit mit jedem teilen. Unsere vernetze Welt beruht auf Daten.
Dieser Fokus auf Daten bildet das Fundament von BIM und GIS. Während bei BIM eine vernetzte Arbeitsmethodik im Vordergrund steht, bietet GIS eine systemische Grundlage zum Bewirtschaften von erfassten Daten. Es geht nicht nur darum, Daten zu haben, sondern auch bestmöglich mit diesen zu arbeiten. Salopp gesagt geht es bei diesen Methoden darum, durch vernetzte Systeme möglichst viele Daten zu sammeln, darzustellen und mit anderen zu teilen, damit man kollaborativ arbeiten und planen kann.
All dies wird beeinflusst durch die Megatrends Urbanisierung, Mobilität und Nachhaltigkeit zu tun hat. Zürich wächst, die Mobilität der Stadt soll vernetzter und nachhaltiger werden. All dies verlangt nach einer Verkehrs- und Stadtplanung in einem immer komplexer werdenden System. Die Planung und Umsetzung dieser Herkulesaufgaben sollen durch BIM und GIS unterstützt werden.
- Was ist GIS?
Geoinformationssysteme (GIS) sind Informationssysteme zur Erfassung, Bearbeitung, Organisation, Analyse und Präsentation räumlicher Daten. Geoinformationssysteme umfassen die dazu benötigte Hardware, Software, Daten und Anwendungen. - Was ist BIM?
Der Begriff Building Information Modeling (kurz: BIM; deutsch: Bauwerksdatenmodellierung) beschreibt eine Arbeitsmethode für die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von allen Arten von Bauwerken mithilfe von Softwaredigitalen Daten. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst.
Zürich wächst
Wie kann man sich das genau vorstellen? Nehmen wir das Beispiel Tram Affoltern. Heute leben in Affoltern mehr als 26‘000 Einwohnerinnen und Einwohner, das sind rund 40 Prozent mehr Menschen als vor 15 Jahren. Bis ins Jahr 2035 werden weitere 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner hinzukommen, und es werden zahlreiche zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.
Ein Grossteil der Neuzuzüger nutzt regelmässig den öffentlichen Verkehr. So sind auch die Fahrgastzahlen auf den Buslinien in Affoltern spürbar angestiegen und die Busse schon heute während der Spitzenzeiten stark ausgelastet. Mit der weiteren Zunahme reichen selbst die Kapazitäten der Doppelgelenkbusse der Linie 32, die in den Spitzenzeiten im 6-Minuten-Takt verkehren, bald nicht mehr aus. Mit der neuen Tramlinie werden zusätzliche Kapazitäten geschaffen, und Affoltern erhält eine direkte Anbindung an die Innenstadt. Ein Projekt, das im wahrsten Sinne nicht nur Anwohnerinnen und Anwohner bewegt.
Wie die Zukunft aussehen kann
Um heute schon die Zukunft möglichst konkret zu zeigen, kommt zusammen mit GIS-Daten die erweiterte Realität”, also Augmented Realtiy (AR), zum Einsatz. Hier zeigt sich das Zusammenspiel mit 3D-Daten wunderbar, da mit einem 3D-Modell die GIS Daten sehr plastisch modelliert werden, um ein anschauliches Bild von der zukünftigen Umgebung zu erhalten. “Der grosse Vorteil dieser erweiterten Realität ist, dass die Planenden ihre Arbeit quasi in Echt und vor Ort anschauen können. Und nicht nur die Planenden! Wir setzten die Spezialbrillen z.B. auch den Mitgliedern der Projektsteuerung des Tram Affoltern auf und zeigten ihnen den künftigen Linienverlauf des Tram Affoltern am Zehntenhausplatz in 3D – samt geplanter Ausbauvorhaben angrenzender Liegenschaften und sogar Werkleitungen im Boden”, berichtet Timon Züger, Fachspezialist GIS im Digitalisierungsteam von Michael Gruber. Mit der zukünftigen BIM-Methode und GIS lassen sich also Daten nicht nur zur besseren Planung und Steuerung nutzen, sondern ebenso zu einer bestmöglichen Entscheidungsgrundlage für alle Stakeholder visualisieren. Eine Herausforderung hat das Thema jedoch. Es ist eine neue Arbeitsweise, die es kennenzulernen gilt. Dazu braucht es Erfahrungen, die man gemeinsam gewinnen will. Diese sind in der GIS Fachstelle als auch in der BIM Programmleitung gebündelt. Ziel ist es, gemeinsam mit der Stadt Zürich, und der SBB und weiteren Partnern Synergien zu nutzen.
Die dritte Säule
Neben BIM und GIS gibt es eine weitere Säule im Infrastruktur-Bereich Digitalisierung: die Systeme. Peter Thommen und Martin Achermann fungieren als SAP-Kompetenzzentrum Fachstelle der Fahrwegbereitstellung und kümmern sich in allen Belangen um SAP-Systeme und Fachapplikationen. In dieser Funktion trägt das Team die Systemverantwortung für die Module der Instandhaltung und Projektsysteme, unterstützt Nutzer und Power User bei Fragen und Problemen, erstellt Schulungsunterlagen, arbeitet bei SAP-Projekten mit und nimmt Testaufgaben wahr. Ausserdem gilt es, neue Anwendungen zu begleiten und eine Integration in bestehende Systeme zu ermöglichen. Das Team ist sozusagen die Werkzeugkammer des Digitalisierungsbereichs samt Beratungs- und Entwicklungsfunktion. Dadurch soll die Digitalisierung auch auf systemischer Anwendungsseite im Projektalltag ankommen und sukzessive weiterentwickelt werden.
Digitalisierung ist allerdings nicht nur technische Innovation, sondern eben vor allem auch kulturelle. Denken Sie nur daran, welchen Einfluss das iPhone, Uber oder Airbnb auf unser Nutzerverhalten haben. Daher gilt es für digitale Themen im und über den Bereich hinaus zu sensibilisieren, zu informieren und mit anderen Bereichen den Austausch zu suchen. Entsprechend ist der Bereich Digitalisierung auch in Fachgremien vertreten und als Botschafter unterwegs. Innerhalb der VBZ sind dies das Innovationsmanagement, in dem Timon Züger den Bereich Infrastruktur vertritt und das Digitalboard@VBZ, in dem Michael Gruber einsitzt. Denn eines ist den Kolleginnen und Kollegen des Bereichs Digitalisierung klar: Wandel kann man nur gemeinsam gestalten. In der Infrastruktur ist man auf einem guten Weg. So können aus Erfahrungen mit Megatrends zukunftsfähige Arbeitsmethoden werden. Wir sind gespannt, was die Zukunft bringt.